Vorbereitete Umgebung
Die Vorbereitete Umgebung besteht aus drei Elementen: dem Lehrer/Erzieher, der räumlichen Vorbereitung und der sachlichen Vorbereitung.
Lehrer/Erzieher
Maria Montessori versteht unter „Lehrer“ jede Person, die das Kind bei seiner Entwicklung begleitet, egal ob Mutter, Vater, Erzieher/in etc.
Der Lehrer achtet das Kind, bringt im Wertschätzung, Liebe und Vertrauen entgegen. Er sieht das Kind als eigenständige Person. Der Lehrer bleibt zurückhaltend und beobachtet das Tätigsein des Kindes. Er hilft da, wo Hilfe nötig ist, aber immer gemäß dem Grundsatz „Hilf mir es selbst zu tun.“ Er ist klar in seinen Äußerungen, zeigt sich geduldig, kompetent, feinfühlig und empathisch. Seine achtsame und feinfühlige Haltung wird durch die vorbereitende Sprache ergänzt. Deutlich wird dies z. B. in der Krippe beim Anziehen, wenn jeder Handlungsschritt des Kindes verbal vorbereitet und begleitet wird. Das Kind steigt in diesen Dialog ein, indem ein eine Reaktion zeigt (selbst, wenn es noch keine aktive Sprache beherrscht), auf die erneut die Antwort des Erwachsenen folgt.
„Das Wesentliche ist: Beobachte! Lerne dein Kind kennen! Wenn du wirklich bemerkst, was es nötig hat, wenn du fühlst, was es tatsächlich kränkt, wa es braucht, dann wirst du es auch richtig behandeln, wirst du es richtig lenken, erziehen.“ (Emmi Pikler)
Räumliche Vorbereitung
Der Lebensraum muss so vorbereitet sein, dass das Kind darin möglichst selbstständig sein kann, d.h. er ist den kindlichen Bedürfnissen angepasst. Dazu gehört auch, dass die Umgebung für das Kind stets frei zugänglich ist. Die Räume sind möglichst hell, wohnlich, freundlich und liebevoll vorbereitet. Klare Strukturen und Ordnung helfen dem Kind, sich im Raum zurecht zu finden. Alle Gegenstände haben einen festen Platz. Die vorbereitete Umgebung bietet reichlich Möglichkeiten für Bewegung und fordert das Kind zum Tätigsein auf. Besonders im Krippenalter ist der Raum so zu gestalten, dass ein ausgewogener Wechsel von Aktivität und Ruhe stattfindet.
„Nicht das Kind soll sich der Umgebung anpassen, sondern wir sollen die Umgebung dem Kind anpassen.“
(Maria Montessori)
Sachliche Vorbereitung
Den sensiblen Perioden des Kindes gemäß hat Maria Montessori Materialien entwickelt, die das Kind in seinen Lernschritten optimal unterstützen: das Montessori-Entwicklungsmaterial (siehe unten). Emmi Pikler hat dieses Material für die Krippenkinder entsprechend ihrer sensiblen Phase für Bewegung um Bewegungselemente ergänzt. Für die sachliche Vorbereitung der Umgebung und im Speziellen für das Montessori-Entwicklungsmaterial gelten folgende Prinzipien:
Ästhetik
Das Material ist in Farbe, Form und Beschaffenheit ansprechend. Es besitzt einen hohen Aufforderungscharakter, so dass sich jedes Kind davon angesprochen fühlen kann. Das Material ist strukturiert, makellos und vollständig.
Aktivität
Das Material regt zum Tätigsein an. Durch das Tun und Hantieren setzt sich das Kind aktiv mit den Eigenschaften des Materials auseinander und schult dadurch seinen Sinne. Maria Montessori vertritt den Grundsatz: „Es ist nichts im Verstand, was nicht vorher in den Sinnen war.“
Bewegung
Bewegung ist ein wichtiges Element der Montessori-Pädagogik. Sie ermöglicht es dem Kind, sich auf ganzheitlichem Wege mit den Lerninhalten der Materialien zu befassen. Die Bewegung hat eine primäre Bedeutung für die Entwicklung der Sinne und des Intellektes. Maria Montessori versteht die Bewegung als unmittelbaren Ausdruck des geistigen und spontanen Lebens des Kindes. Sie nimmt in diesem Sinne einen großen Raum in der Lebensrealität und den Bedürfnissen des Kindes ein. Wird die Bewegung vernachlässigt, so kann das Kind sein sensomotorisches und intellektuelles Potential nicht in vollem Maße nutzen und entfalten. Durch reichlich Gelegenheit zu konkreten Handlungen wird die Grundlage gelegt, auf der sich zunehmend abstraktes Denkvermögen entwickeln kann.
Isolation der Schwierigkeit
Jedes Material enthält nur einen genau definierten Lernschritt. Dieser Lernschritt wird isoliert von der Umwelt an einer separaten Übung erarbeitet. Reizüberflutung wird dadurch vermieden, das Kind kann sich auf diesen einen Lerninhalt konzentrieren und das Gelernte leicht in sein Bild von der Welt einordnen. Das Material ist „Schlüssel zur Welt“.
„Das Montessorimaterial ist für das Kind ein Schlüssel zur Welt,
mit dem es seine ungeordneten Eindrücke ordnet, strukturiert
und vor allem verstehen lernt.“
Maria Montessori
Hat das Kind den Lernschritt verinnerlicht, wird das Gelernte in das tägliche Leben übertragen. Beispielsweise übt das Kind mit einer Schüttübung. Ist dieser Lernschritt verinnerlicht, so ist es in der Lage, sein Getränk selbst einzuschütten.
Indirekt kann ein Material zusätzlich auf einen nächsten Lernschritt vorbereiten, ohne, dass dies vom Kind bewusst wahrgenommen wird. Hierzu ein Beispiel: Am „Rosa Turm“ – einem Material für die Entwicklung der Sinne – lernt das Kind die Eigenschaften und Begriffe „groß“ und „klein“ kennen. Gleichzeitig bereitet diese Übung indirekt auf das Dezimalsystem vor: Der Turm besteht aus zehn Teilen. Das Kind verinnerlicht durch den handelnden Umgang damit unbewusst diese Menge, ohne schon bewusst zählen zu können.
Begrenzung
Jedes Material ist für eine ihm eigene Handhabung gedacht und wird nur so verwendet. Zudem ist es nur einmal in der Gruppe vorhanden. Dadurch erfolgt eine indirekte Sozialerziehung. Möchte ein Kind ein Material verwenden, das gerade von einem anderen benutzt wird, muss es warten, bis dieses fertig ist oder sich mit ihm absprechen, ob es mitarbeiten darf.
Fehlerkontrolle
Viele Materialien haben eine Fehlerkontrolle in sich. Dies unterstützt das selbstständige Lernen des Kindes. Es ist nicht auf Kontrolle durch Erwachsene angewiesen, da das Kind seine Ergebnisse eigenständig überprüfen kann. Die personale Kompetenz, die persönliche Freiheit und Freude am Lernen werden dadurch gefördert.
Darbietung
Jede unbekannte Übung wird zunächst vom Lehrer dargeboten, damit das Kind die konkrete Anwendung sieht. Dann kann das Kind eigenständig damit arbeiten.
„Erkläre es mir, und ich vergesse es,
zeige es mir, und ich merke es mir,
lass es mich tun, und ich weiß es für immer.“
Konfuzius, Maria Montessori
Ordnung
Das Material ist ordentlich und vollständig. Gehören mehrere Gegenstände zu einer Übung, so sind diese immer gleich angeordnet z. B. auf einem Tablett, ebenso bei der Darbietung. Das Material hat einen festen Platz, damit das Kind sich orientieren kann. Das Aufräumen gehört mit zur Übung.
Systemischer Aufbau von Lernschritten
Materialbereiche
Lernschritte und verschiedene Materialien basieren aufeinander. So werden Handlungsschritte als auch sensomotorisches und intellektuelles Wissen und Können systemisch aufgebaut.
Maria Montessori hat ihre Materialien in fünf Bereiche eingeteilt:
- Übungen des täglichen Lebens
- Sinnesmaterial
- Sprache
- Mathematik
- Kosmische Erziehung