Letzte Woche vor über 130 Zuhörern in der vollbesetzten Aula referierte der erfahrene Pädagoge Claus-Dieter Kaul über die entscheidende Rolle der Eltern im Zusammenwirken mit der Schule bei der Entwicklung unserer Kinder. Worauf kommt es hierbei an?

Das unbedingte Vertrauen in die eigenständige Entwicklung jedes einzelnen Kindes auf der Grundlage seiner unvergleichlichen Persönlichkeit und seines individuellen Potenziales ist die Grundlage für die Entwicklung jedes Kindes und damit Voraussetzung für ein glückliches und erfülltes Lebens. Dies zu ermöglichen sollte das eigentliche Ziel jeder Schule sein.

Gerade die heute oft zu beobachtende Überbehütung unserer Kinder ist laut Claus-Dieter Kaul ein Zeichen des fehlenden Vertrauens und wird von den Kindern als solches wahrgenommen. Das Kind spürt dieses fehlende Vertrauen und wird in seiner Entwicklung entsprechend gehemmt. Es traut sich weniger zu und kann wichtige Erfolgserlebnisse nicht machen. Es ist daher für die Entwicklung des Kindes notwendig, auch einmal einen Fehltritt mit der einer Schramme oder der anderen kleinen Blessur zu ermöglichen, um dem Kind die Chance zu geben, eigene Erfolgserlebnisse zu haben. Aus der neurobiologischen Forschung weiß man mittlerweile, wie wichtig die mit eigenen Erfolgserlebnissen einhergehende hormonelle Dopamin-Ausschüttung für die Entwicklung ist. Hierdurch erst wird die Lust auf Leistung und Anstrengung geweckt bzw. belohnt. Dazu kommt, dass man bekanntermaßen auch durch eigene Fehler sehr viel fürs Leben lernt. Claus-Dieter Kaul plädierte dringend dafür, Fehler als notwendige Erfahrung bei den Kindern einfach zuzulassen.

Das bedingungslose Grundvertrauen in die Fähigkeiten der Kinder und ihre eigenständige Entwicklung ist eine zentrale Säule der Montessori-Pädagogik. Jedes Kind ist anders und hat sein eigenes Potenzial. Kinder merken das in sie gesteckte Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten sehr schnell und können sich erst vor diesem Hintergrund frei und individuell zu einem verantwortungsbewussten und glücklichen Mitglied unserer Gesellschaft entwickeln. Eine Überregulierung und ein starres Korsett wie es in der Erziehung leider immer öfter die Regel ist, wirkt der individuellen Entwicklung entgegen und hemmt diese. In diesem Sinn machen Hausaufgaben laut Herrn Kauls Erfahrung auch nur dann Sinn, wenn sie individuell auf das jeweilige Potenzial des Kindes zugeschnitten und von diesem gerne gemacht werden. Nur dann wird ein Erfolgserlebnis die Folge sein und zur weiteren Entwicklung beitragen. Gängelung und Disziplinierung sind der völlig falsche Ansatz und bewirken das Gegenteil.

Das Grundvertrauen in die Fähigkeiten und den individuellen Weg des Kindes muss natürlich auch von den Eltern dem Kind entgegengebracht werden. Eltern und Schule müssen hier zum Wohl des Kindes an einem Strang ziehen, ansonsten führen Irritationen beim Kind zu entsprechenden Unsicherheiten. Daher ist ein Grundkonsens zwischen Schule und Eltern in dieser zentralen Frage von großer Bedeutung für die Potenzialentwicklung des Kindes. Hierzu empfiehlt Claus-Dieter Kaul einen regen Austausch zwischen Lehrern und Eltern.

In der anschließenden Diskussion zeigte sich, wie wichtig der Dialog zwischen Eltern und Schule wie auch der Erfahrungsaustausch der Eltern untereinander für einen optimalen Entwicklungsrahmen für die Kinder ist. Eine insgesamt sehr interessante und informative Veranstaltung zum wichtigen Thema Bildung und Hintergründe der kindlichen Persönlichkeitsentwicklung.

Martin Fuhrmann